Experteninterview - Smart Home
Smart Home-Systeme sind für viele Baufamilien attraktiv
SmartHome-Systeme machen das Wohnen komfortabler, sicherer und effizienter. Sven Feil von Talbau-Haus erklärt im Interview, warum intelligenter Haustechnik die Zukunft gehört und wie ihr eure eigenes Fertighaus mit überschaubarem Aufwand zu einer smarten Wohlfühloase macht.
Inhalt
Einleitung
Das Haus der Zukunft ist ziemlich intelligent. Mit Smart Home-Lösungen steuert sich euer Traumhaus zu einem gewissen Grad selbst und lernt ständig dazu. Das Ergebnis für Baufamilien: mehr Komfort, mehr Sicherheit, vor allem aber mehr Energieeffizienz. Doch was steckt eigentlich hinter dem Begriff Smart Home? Wie werden sich intelligente Technologien für Wohnhäuser in Zukunft entwickeln? Und was sollten Baufamilien bei der Planung beachten?
Wir haben bei bei einem Fachmann nachgefragt: Sven Feil ist seit 2004 im elterlichen Unternehmen Talbau-Haus tätig und führt den schwäbischen Familienbetrieb aus Weissach im Tal seit 2018 als Inhaber und Alleingesellschafter. Smarte Haustechnik ist für Sven Feil mehr als nur ein Zentralschalter für die Jalousien: Zusammen mit den Kunden plant Talbau-Haus individuell abgestimmte Systeme für bessere Lebensqualität, mehr Sicherheit und einen optimierten Energieverbrauch.
Smart Home ist ein Trendbegriff, über den viel geredet wird. Aber: Was verbirgt sich eigentlich dahinter? Sicherlich mehr, als nur die Jalousien automatisch zuschließen, oder?
Smart Home ist in der Tat ein Begriff, der bisweilen inflationär benutzt wird. Wenn ich mit einem Zentralschalter alle Jalousien steuern kann, ist mein Haus noch nicht smart. Es ist nur komfortabel. Oft wird auch vom selbstdenkenden Haus gesprochen – dass wäre meine persönliche Smart Home-Definition. Es müssen dafür mehrere Komponenten zusammenspielen und miteinander agieren, um den Bewohnern einen Mehrwert zu bieten.
Welche Komponenten können ein Haus denn zum mitdenken bringen?
Typische Bestandteile eines Smart Homes sind Sensoren und Aktoren – also Geräte die Dinge ausführen können –, zentrale Steuereinheiten, Fernsteuerungen oder eben die komplette Automatisierung von Abläufen und Vorgängen.
Jalousien, Heizung, Lüftung – es gibt viele Dinge in einem Haus, die automatisch funktionieren. Wenn sie über Temperatursensoren, Feuchtigkeitssensoren oder Bewegungsmelder gesteuert werden, dann haben die Bewohner einen echten Mehrwert. Ein klassisches Beispiel ist die Jalousiensteuerung im Sommer: Wenn die Temperatur zum Beispiel 25 Grad übersteigt, schließen die Rollläden, und die Verschattung wird ausgefahren. Dadurch bleibt es kühler im Haus.
Auch Heizung und Beleuchtung lassen sich intelligent steuern: Wenn niemand im Haus ist, wird die Heizung heruntergeregelt und alle Lichter ausgeschaltet. Eine Stunde bevor ich wiederkomme, läuft die Heizung wieder an, damit es bei meinem Eintreffen bereits warm ist.
Wie hat sich die Nachfrage nach Smart Home-Technologien in den vergangenen Jahren entwickelt?
Die Idee, Geräte und Abläufe im Haushalt zu automatisieren und fernzusteuern, um Zeit und Aufwand zu sparen, ist für viele attraktiv. Immer mehr Baufamilien interessieren sich für Smart Home-Technologien. Die steigende Nachfrage hängt auch damit zusammen, dass sich der Kundenkreis verändert. Die Baufamilien werden jünger, sie sind mit Apps und Smartphones aufgewachsen. Dadurch gibt es keine Berührungsängste mit digitalen Technologien.
Ein weiterer Punkt ist: Die Smart Home-Technologie hat sichweiterentwickelt. Die Anwendungen sind einfacher zu bedienen und zuprogrammieren. Musste früher noch für jede Änderung ein Elektriker physische Leitungen neu verdrahten, können die Hausbesitzer heute die Programmierung per App selbst übernehmen. Dazu wurde die Integrationsmöglichkeiten unterschiedlicher Systeme deutlich verbessert und die Technologie ist günstiger geworden, weil sie mittlerweile den Massenmarkt erreicht hat.
Nicht zuletzt erfreut sich das Thema Nachhaltigkeit aus gutem Grund eines immer größeren Interesses. Viele Menschen suchen nach Möglichkeiten, ihren Energieverbrauch zu reduzieren. Hier kann die SmartHome-Technologie einen großen Beitrag leisten.
Können Sie das bitte an einem Beispiel erläutern?
Zum Beispiel kann eine Photovoltaikanlage lernen, erst den Stromspeicher zu füllen, damit Waschmaschine oder Trockner wirklich erst angeschaltet werden, wenn genügend Strom aus der PV-Anlage vorhanden ist. Das ist dann vernetzt und intelligent, nicht mehr nur automatisiert. Und es spart Energie. Die Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Argument für Smart Home-Lösungen.
Das sind alles Argumente für eine smarte Zukunft: Wie wird sich der Markt entwickeln? Welche Trends sind im Bereich Smart Home zu erkennen?
Der Smart Home-Markt wird mit Sicherheit weiter wachsen, die Technologien werden sich weiterentwickeln. Aktuelle Trends zeigen, dass die Systeme in Zukunft vielfältiger und innovativer werden. Die Integration von Technologien wie Künstlicher Intelligenz, Sprachsteuerung und Sicherheit sowie der Fokus auf Energie und Gesundheit werden die Entwicklung auf jeden Fall vorantreiben.
Warum sollten sich Baufamilien von vornherein für smarte Technologien beim Hausbau entscheiden?
In der ersten Phase der Hausplanung sind Baufamilien in meiner Erfahrung zurückhaltend beim Thema Smart Home und entscheiden sich lediglich für einige Standardkomponenten, wie die Jalousien- oder Lichtsteuerung. Das hat einerseits etwas mit der Budgetplanung zu tun, anderseits sind sie völlig nachvollziehbar mit anderen Dingen beschäftigt: mit der Fassadengestaltung etwa oder der Inneneinrichtung. Das ist zunächst wichtiger.
Mein Rat ist: Auch wenn sich die Baufamilie zum Zeitpunkt der Bemusterung beziehungsweise des Hausbaus gegen Smart Home entscheidet, sollten die Grundvoraussetzungen trotzdem schon geschaffen werden um das Haus später leichter nachrüsten zu können.
Welche Grundvoraussetzungen wären das?
Zum Beispiel sollten, um im bereits mehrfach erwähnten Beispiel zu bleiben, die Jalousien elektrisch bedienbar sein. Oft sind elektrischen Rollläden, Raffstores und auch elektrische Dachflächenfenster mit diversen Smart Home-Systemen kompatibel. Nachträglich einen Motor einzubauen, ist allerdings extrem aufwendig und teuer.
Wie teuer wird es denn, nicht smarte Häuser nachzurüsten? Macht es wirtschaftlich Sinn oder wäre es besser, von vornherein das entsprechende Budget einzuplanen?
Wichtig zu wissen ist, dass sich heutzutage vieles nachrüsten lässt, da die Funktechnologie eine echte Alternative zu den bisherigen aufwendigen BUS-Systemen ist. Ein Funk-basiertes System lässt sich locker und mit überschaubarem Aufwand nachrüsten. Bei einem kabelgebundenen System sieht es anders aus: Das sollte man von vornherein planen und entsprechend einbauen, weil Änderungen und Aufrüstungen nur mit erheblichen Anstrengungen möglich sind. Auch aus diesem Grund bin ich der festen Überzeugung, dass sich Smart Home-System mit Funktechnik in Zukunft durchsetzen werden. Zumal sie auch für Bestandsbauten gut geeignet sind.
Was kann man alles smart machen im Haus?
Es kommt immer darauf an, was ich messe und wie ich die Messdaten verwende. Die klassischen Beispiele sind Rollläden, Heizung, Licht die per Zeitschaltung, Bewegungsmelder oder Ortung gesteuert werden. Ein anderes Beispiel ist die Gartenbewässerung, die mit einem Regensensor ausgestattet ist und erkennt, wann es notwendig ist, zu gießen. Entsprechende Systeme lassen sich ins Smart Home gut einbinden. Auch Wallboxen lassen sich smart steuern und laden die E-Autos nur dann voll, wenn die Photovoltaik-Anlage den entsprechenden Strom liefert.
Worin sehen Sie die größten Vorteile intelligenter Haustechnik?
Durch die Vernetzung und Automatisierung können einige Komfortfunktionen realisiert werden. Sie können per Sprachsteuerung das Licht einschalten, die Heizung oder Klimaanlage von unterwegs steuern, ihre Lieblingsmusik bei der Ankunft abspielen oder Rollläden automatisch öffnen und schließen. Beim Verlassen des Hauses wird die Heizungstemperatur heruntergefahren, das Licht ausgeschaltet und im Sommer das Haus verdunkelt, um der Aufheizung der Räumlichkeiten entgegenzuwirken.
Persönlich sehe ich den größten Vorteil allerdings nicht in der Komfort-Verbesserung sondern in der Sicherheit und vor allem in der Optimierung des eigenen Energieverbrauchs.
Welche Möglichkeiten bieten Smart Homes denn hinsichtlich Sicherheit und Energieeffizienz?
Die Energieeffizienz kann mit Hilfe von intelligenten Thermostaten gesteigert werden. Durch die Verwendung von smarten Steckdosen oder Energiemonitoren können Sie den Energieverbrauch einzelner Geräte überwachen und optimieren. Außerdem können Smart Home-Systeme Lichter, basierend auf Anwesenheit, Tageslicht und individuellen Zeitplänen automatisch ein- und ausschalten, um unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden. Im Bereich Sicherheit hat das Haus auch dann im Blick, wenn man nicht zu Hause ist. Es können Überwachungskameras und Bewegungsmelder installiert werden, die Benachrichtigungen auf das Smartphone senden oder Alarme auslösen, wenn Aktivitäten erkannt werden. Sie können erkennen, ob Türen oder Fenster geöffnet oder geschlossen sind. Auch Rauch- oder Feuermelder können Benachrichtigungen und Alarme auslösen. Sie lassen sich auch mit der Licht- und Jalousiensteuerung vernetzen, um im Notfall Fluchtwege zu beleuchten.
Sicherheit geht bei Thema Smart Home in zwei Richtungen: Wie sicher sind denn die Systeme im Hinblick auf Hackerangriffe und Datenschutz?
Das ist ein Thema bei dem man wirklich gut aufpassen muss. Beim Datenschutz ist zum Beispiel zu beachten, dass Überwachungskameras ausschließlich das eigene Grundstück erfassen dürfen. Aufnahmen des öffentlichen Raums, zum Beispiel des Gehwegs oder Straße, sind nicht zulässig. Zudem müssen Sie mit Hinweisschildern darüber informieren, dass Aufnahmen gemacht werden.
Natürlich gibt es bei Smart Home-Systemen Risiken von Hacks und Cyberangriffen. Unsichere Netzwerkeinstellungen, schwache Passwörter oder nicht aktualisierte Software können potenzielle Schwachstellen sein, die von Angreifern ausgenutzt werden können. Ein hundertprozentig sicheres System gibt es nicht. Das müssen wir im Bereich Smart Home genauso akzeptieren, wie wir es bei den Handys, auf denen wir E-Mails lesen, shoppen und auch viele Bankgeschäfte erledigen, bereits getan haben.
Hand aufs Herz: Welche Nachteile beziehungsweise Schwachstellen gibt es Ihrer Meinung nach bei Smart Home-Systemen?
Verschiedene Hersteller nutzen ab und an unterschiedliche Standards und Protokolle, was zu Problemen bei der Kompatibilität führen kann. Zudem muss man sich in seine Smart Home-Steuerung reindenken, und die kann schon ziemlich ins Detail gehen.
Und nicht zu vergessen: Strom. Wenn er ausfällt oder ein technisches Problem auftritt, kann die Steuerung und Automatisierung der Geräte beeinträchtigt werden. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass der Mehrwert eines Smart Home-Systems die Nachteile und Sicherheitsbedenken überwiegt.
Wie aufwendig ist die Planung eines Smart Homes?
Die Planung eines Smart Homes kann aufgrund der vielen Entscheidungen und Optionen, die berücksichtigt werden müssen, zeitaufwendig sein. Hier gibt es einiges zu berücksichtigen: neben den persönlichen Anforderungen, zum Beispiel das Budget, eventuell vorhandene Geräte, Kompatibilität der Komponenten.
Ein wichtiger Punkt beim Hausbau ist die Kostenfrage: Ist Smart Home-Technik nicht richtig teuer?
Das lässt sich seriös nicht pauschal beziffern. Es kommt auf die gerade schon erwähnten Faktoren an. Am wichtigsten dabei ist natürlich: Was will die Baufamilie? Hat sie ihren Rahmen gesteckt, lassen sich vielleicht auch mit geringerem Budget Szenarien abbilden. Was ich allerdings sagen kann: Während man früher bei BUS-Systemen mit 30.000 bis 40.000 Euro rechnen musste, um die grundlegenden Funktionen abzudecken, lässt sich heute mit 10.000 Euro schon relativ viel in der Grundausstattung machen.
Können nicht „smarte“ Häuser nachgerüstet werden?
Natürlich. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein bereits bestehendes Haus mit Smart Home-Technologien auszustatten. Es lässt sich einiges mit vergleichsweise geringem Budget nachrüsten, aber manch anderes zu Lasten des Geldbeutels: Vor allem, wenn die Voraussetzungen im Vorfeld nicht bereits geschaffen wurden. Dies ist oft bei kabelgebundenen Systemen der Fall. Hierfür müssen dann eventuell Wände wieder aufgestemmt werden, um die notwendigen Leitungen zu verlegen.
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