Körperliche oder altersbedingte Einschränkungen lassen sich mit durchdachter Architektur angemessen begegnen: Michael Orth von HVO Massivhaus erklärt im Interview,warum barrierefreies Bauen bei jedem Haus dazugehören sollte und warum die Kosten geringer sind, als man denkt.
Barrierefreies Bauen heißt, so zubauen, dass euer Haus von allen Menschen ohne Einschränkung und ohne fremde Hilfe genutzt werden kann. Also auch von euch: Barrierefreiheit betrifft alle.Sei es um nach einer Verletzung mit dem Rollstuhl in euer Haus zu kommen oder im Alter in euren eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können. Doch wie bautihr euer Traumhaus barrierefrei? Was gibt es dabei zu beachten? Und welche Kosten kommen auf euch zu, wenn ihr die Zukunft gleich mitplant?
Wir haben bei Michael Orth,Firmengründer und Geschäftsführer von HVO Massivhaus aus Ludwigsburg,nachgefragt: einem ausgewiesenen Fachmann für barrierefreies Bauen. Der diplomierte Immobilienwirt und Sachverständige für bebaute und unbebaute Grundstücke hat in seiner Familie selbst einen Fall erlebt, der eine barrierefreie Wohnraumgestaltung unabdingbar macht. Im Interview erklärt Michael Orth, warum es Sinn macht, von Anfang barrierefrei zu bauen und wieso es weder kompliziert noch teuer ist, die Zukunft mitzudenken.
Wir befassen uns bei HVO Massivhaus schon seit vielen Jahren mit diesem Thema, da ich in der Familie selbst erlebt habe, wie schnell man ein Handicap bekommen kann. Grundsätzlich empfehlen wir auch unseren jungen Baufamilien daher den Grundriss des Erdgeschosses auch altersgerecht beziehungsweise für Rollstühle geeignet zu gestalten. Es reichen ja oft schon eine Sportverletzung oder ein Unfall aus und schon kommt man nicht mehr über die Treppe ins Obergeschoss.
Mit Innentüren von 1,01 Meter Breite,einem zusätzlichen Zimmer mit etwa 15 Quadratmetern und einem Duschbad mit bodengleicher Dusche in der Größe 1,00 x 1,20 Meter im Erdgeschoss hat man schon mal die Möglichkeit, sich mit dem Rollator oder Rollstuhl frei im Haus bewegen zu können und sich ein Schlafzimmer im Erdgeschoss einzurichten.
Mit überschaubaren Mehrkosten von etwa 5000 Euro kann ich im Alter beziehungsweise mit einem Handicap in meinem Haus bleiben. Mehr als 80 Prozent unserer Baufamilien setzen diese barrierefreie Gestaltung mittlerweile mit uns um. Eine spätere Umrüstung würde bedeutend mehr kosten.
Da barrierefreies Wohnen mittlerweile zu einem echten Wiederverkaufsargument geworden ist, lohnt es sich im Prinzip für alle Baufamilien.
Es gibt für jeden Haustyp auch immer eine Möglichkeit, das Treppenhaus entsprechend zu gestalten oder alles für einen Aufzug vorzubereiten. Für Baufamilien bei denen eine Person zum Beispiel eine Krankheit mit fortschreitender Bewegungseinschränkung hat, haben wir bei HVO Massivhaus solche Vorhaltungen bereits mehrfach eingebaut und auch – entweder gleich beim Bau oder als nachträglichen Einbau – Aufzüge mit verwirklicht.
Die wichtigsten Punkte sind: breite Innentüren, schwellenfreie Zugänge zu Dusche und Balkon, und der Grundriss im Erdgeschoss muss wie erwähnt die Möglichkeit bieten, im gegebenen Fall später ein Schlafzimmer zu verwirklichen. Außerdem sollte die Bodenplatte gleich für einen Aufzug vorbereitet sein.
Die Preise dafür sind bei einem Neubau wirklich überschaubar: Wir reden bei einer Stadtvilla für die bauseitigen Vorkehrungen und den Einbau eines Umzugs von etwa 25.000 Euro. Wenn wir keinen Aufzug einbauen, liegen wir je nach Hausgröße bei ungefähr 6.000 bis 10.000 Euro.
Es lohnt sich also auf jeden Fall,schon bei der Planung die wichtigsten Punkte zu berücksichtigen und umzusetzen. Man hat beim Neubau geringe Mehrkosten für eine barrierefreie Gestaltung, kann dafür aber zum Beispiel nach einem Unfall mit der Familie weiterhin in den eigenen vier Wänden bleiben, weil nicht plötzlich immense Kosten für einen teueren Umbau anfallen. Auch im Alter lässt sich das eigene Haus unbeschwert genießen. Ist es barrierefrei gebaut, muss man sein gewohntes Umfeld nicht verlassen.
Das hängt vom Grad der Einschränkungen beziehungsweise dem Pflegegrad ab. Krankenkassen zahlen Zuschüsse von bis zu 4.000 Euro.
Man muss zwischen den Begriffen unterscheiden. "Altengerecht" und "behindertengerecht" sind umgangssprachliche Ausdrücke: Für sie gibt es keine gesetzlichen Definitionen. Wird hingegen etwas "barrierefrei" oder "rollstuhlgerecht"gebaut, dann gibt es sehr genaue Vorgaben. Sie sind in der entsprechenden DIN geregelt und schreiben unter anderem vor, wie groß das Bad sein muss und über welche Ausstattung das Haus verfügen muss.